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Wohn-und Werkheim Worben, 1. Rang

Dezember 2020


Aus dem Jurybericht:

Der Projektvorschlag übernimmt die Gebäudebreite des Bestandesbaus und schlägt einen kompakten Gebäudekörper mit einem mehrfach gefalteten Dach in Ost-Westrichtung vor. Das Volumen erscheint als eine typische Reihenhauszeile und verstärkt den Eindruck eines Wohngebäudes. Mit dieser volumetrischen Strategie kann die Körnigkeit der umgebenden Bebauungsstruktur aufgenommen werden. Aufgesetzte Schornsteine verstärken den Eindruck kleiner Häuser. Mit der Geometrie und der identischen Farbgebung werden der Bestandesbau und der Neubau zu einem neuen Ganzen vereint. In der Schnittstelle wird eine gedeckte Verbindung vorgeschlagen, die auf zwei Ebenen attraktive Aufenthaltsbereiche schafft und gleichzeitig der Entfluchtung des Neubaus dient. Mit dem rotbraunen Ziegeldach, den verputzten Fassadenflächen sowie den Fensterläden. werden gleichzeitig Elemente der Umgebungsbauten aufgenommen und in einer zeitgenössischen Art umgesetzt.

Die Adresse im Bestandesbau wird beibehalten. An der Schnittstelle zwischen dem Bestandesbau und dem Neubau befindet sich ein gedeckter Hof, welcher als geschützter Aussenraum des anliegenden Gemeinschaftsraumes dient. Darüber befindet sich ein gemeinschaftlicher Dachgarten, nutzbar für beide Wohngruppen. Über eine eingezogene Partie wird der Gemeinschaftsraum wie auch die Wohnnutzung von Nordwesten her erschlossen. Ein zweiter Zugang etwas südlich führt direkt in die Vertikalerschliessung und dient auch der Adressierung der 3.5-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss. Die Erschliessung und Anlieferung der Küche erfolgt getrennt von den Haupteingängen über den Unteren Zelgweg.

Der Gemeinschaftsraum – neuer sozialer Mittelpunkt der Überbauung – wird an der Schnittstelle zum Bestandesbau vorgeschlagen und besitzt eine gut nutzbare Raumproportion. Er erstreckt sich über die gesamte Gebäudetiefe und profitiert von der Morgen- wie auch von der Abendsonne. Direkt anschliessend befinden sich zentral die Küche sowie alle zudienenden Räume. Die Küche ist optimal positioniert. Sie öffnet sich gegen den Gemeinschaftsraum und kann rückwärtig die beiden Wohngeschosse bedienen. Die beiden Obergeschosse sind als selbstverständlich und attraktiv organisierte Wohngruppen ausgebildet. Die 20 Individualzimmer sind alle gegen Osten orientiert. Gegen Westen befinden sich zwei grosszügig bemessene Wohn- und Aufenthaltsräume mit einer dazwischen liegenden Küchenzeile am Tageslicht. Der Neubau kommt mit einer zentralen Treppenanlage im Zentrum aus, der zweite Fluchtweg wird mit Hilfe einer einläufigen Aussentreppe und des Dachgartens sichergestellt. Es stellt sich die Frage, wie im Bereich der Aufenthaltsräume die privaten Zimmertüren vor ungewollten Einblicken geschützt werden können. Der Bestandesbau wird mit wenigen, präzisen Eingriffen optimiert. Durch den Wegfall der äusseren Fluchttreppe, wird die zentrale Erschliessung als Fluchttreppenhaus ausgebaut. Mit Ausnahme der betreuten Wohngruppe dient der Bestandesbau neu ausschliesslich der Arbeitsnutzung. Der grosszügige Arbeits raum im Hochparterre verbleibt unverändert und kann weiterhin flexibel bespielt werden.

Die Volumetrie des Neubaus besitzt eine wohltuende Einfachheit, ebenso die Fassadengestaltung mit der konsequent übereinander liegenden Befensterung. Die an den Bestandesbau angelehnte, äussere Materialisierung ist sehr selbstverständlich. Die Faltung der Dächer wird im 2.Obergeschoss in die Innenräume überführt. Der Rhythmus der Satteldächer strukturiert den Korridor- und Gemeinschaftsbereich. Im Bereich der Individualzimmer wird er halbiert. Jedes Zimmer erhält somit optisch ein eigenes Satteldach, es entstehen Zimmer mit einem attraktiven Querschnitt. Trotz seiner beschränkten Grösse, wird der Aussenraum je nach Lage unterschiedlich behandelt und attraktiv gestaltet. Es entstehen viele Orte, die von den Bewohnern angeeignet werden können. Das Thema der Hecke mit Baum wird aufgenommen. Die Hecken geben den Gärten eine gewisse Intimität und Privatsphäre.

Der Neubau ist komplett als einfaches Massivbauwerk konzipiert. Der äussere Fassadenputz sowie die inneren, verputzen Wandflächen unterstreichen die angestrebte
Einfachheit. Die Fassaden sind als Einsteinmauerwerk vorgeschlagen, die Zwischendecken in Ortbeton. Einzig die Dachkonstruktion ist als klassisches Sparrendach in Holz konstruiert. Im Innern ist die Statik auf einen Skelettbau mit vorfabrizierten Stützen reduziert. Damit wird eine Nutzungs- und Umbauflexibilität erzielt.

Beim Projekt ‚Blauer Falter’ handelt es sich um ein sehr interessantes und intelligentes Projekt. Die auf mehreren Ebenen integrative städtebauliche Haltung ist sehr schlüssig dargelegt. Der Neubau wird als attraktives Wohnhaus gelesen und bildet mit dem Bestandesbau ein neues Ganzes. Gleichzeitig werden Elemente
der umgebenden Bebauungen übernommen und auf eine zeitgenössische Art weiterentwickelt. Betrieblich weist das Projekt keine Mängel auf und biete den
Bewohnern in vielerlei Hinsicht hohe Nutzungs- und Aufenthaltsqualitäten.